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OB-Talk

Die Kandidaten zur OB-Wahl in Stuttgart wollen Langzeitarbeitslose unterstützen
16. Juli 2012, Casino des Klinikums Stuttgart

„Was kann Stuttgart für langzeitarbeitslose Menschen tun?" Diese Frage stellten die Stuttgarter Arbeitshilfeträger der OB-Kandidatin Bettina Wilhelm und den OB-Kandidaten Harald Hermann, Fritz Kuhn, Jens Loewe, Hannes Rockenbauch und Sebastian Turner. Hintergrund ist, dass die Zahl der ALG-II-Empfänger und Langzeitarbeitslosen in Stuttgart auf hohem Niveau stagniert, trotz der guten wirtschaftlichen Lage.

Wie zu erwarten, wurde immer wieder auf den Bund verwiesen, der die Richtlinien für ALG-II-Bezieher festlegt, so etwa die Höhe der Unterstützung. Moderator Hermann Abmayr kam deswegen immer wieder auf die Wahlprüfsteine zurück, um zu zeigen, dass Stuttgart eigene Spielräume hat. Auf die Einwohnerzahl umgerechnet gibt Stuttgart für Arbeitslose 20,12 Euro pro Kopf aus, in München sind es 15 Euro, in Wiesbaden 35,14 Euro. Der Spielraum für freiwillige Leistungen wird aber in den nächsten Jahren größer werden, denn dann wird der Bund den Kommunen die Grundsicherung erstatten. Hier spart die Stadt Stuttgart ab 2013 bis zu 45 Millionen Euro im Jahr, die sie zu Unterstützung von Langzeitarbeitslosen einsetzen könnte.

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Zustimmung zum Sozialticket

Bei zwei Wahlprüfsteinen waren sich die Kandidaten weitgehend einig. So soll die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen bei Ausschreibungen der Landeshauptstadt berücksichtigt werden. Auch einem Sozialticket stimmten grundsätzlich alle zu. „Das Sozialticket darf allerdings nicht zu Lasten derjenigen gehen, die eine normale Monatskarte kaufen“, so Turner. Das könne der Fall sein, wenn die Züge zu Stoßzeiten überfüllt seien. Deshalb müsse man das Sozialticket eventuell zeitlich beschränken. Wilhelm dagegen war gegen eine Beschränkung: „Auch viele ALG-II-Empfänger arbeiten oder müssen ihre Kinder zu einer Tagesstätte bringen“, so die Kandidatin.

Während der Diskussion wurde deutlich, wie die Positionen in der Wirtschaftpolitik auch jene der Arbeitsmarktpolitik bestimmen. So plädierte Rockenbauch dafür, den Gewerbesteuersatz zu erhöhen. „Mit dem Geld kann die Stadt in die Daseinsfürsorge investieren.“ So könnten Arbeitsplätze geschaffen werden. Hermann, Kuhn und Turner sprachen sich gegen eine weitere Erhöhung aus, da sonst Unternehmen abwandern. „Unternehmen können die Integration viel besser leisten“, so Turner. Gerade jetzt, in wirtschaftlich guten Zeiten, müsse man dies nutzen. Dabei müsse die individuelle Betreuung im Vordergrund stehen, so Hermann. „Wir müssen mit den Unternehmen reden und gleichzeitig bei jedem Einzelfall schauen, wo es hakt.“ Wilhelm sieht es als eine Aufgabe der Stadt, Sozialunternehmen zu unterstützen, die Arbeitslosen helfen. Dies könne dadurch geschehen, dass man ihnen Standorte in guter Lage überlässt oder Aufträge erteilt.

„Langzeitarbeitslosigkeit geht alle an“

Auch die grundsätzliche Frage nach einem zweiten Arbeitsmarkt wurde am Ende gestellt. „Die Vorstellung, dass alle morgen auf dem ersten Arbeitsmarkt landen, ist falsch“, so Loewe. Auch diese Aussage fand grundsätzlich Zustimmung. „Die Wirtschaft kann nicht alle Arbeitslose aufnehmen, es bleiben Menschen, denen man eine Alternative bieten muss“, so Turner. „Es ist besser wir fördern die Menschen, die nur 25 Stunden arbeiten als gar nicht“, sagte Kuhn: „In einer reichen Stadt wie Stuttgart muss Langzeitarbeitslosigkeit alle angehen.“

180 Menschen kamen ins Casino des Katharinenhospitals, um sich über das Thema zu informieren. Vor der Diskussion berichtete ein ehemals Drogenabhängiger, wie ihm die Sozialunternehmen halfen, wieder eine Perspektive zu gewinnen und den Schulabschluss nachzuholen. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Denkfabrik der Neuen Arbeit, die das Thema Langzeitarbeitslosigkeit wieder in die Öffentlichkeit bringen will.

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