2014_12_11_Literaturprojekt_Printform_Einzeln Seite 22

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Inhalt

22 Der Kopfschlächter Die heutigen Menschen glauben dass man die Arbeit so einrichten müsse dass sie möglichst viel Ertrag abwerfe Das ist falscher Glaube Man muss Arbeit so einrichten dass sie die Menschen beglückt Paul Ernst 1866 1933 Ich begleite eine Journalistin der Stuttgarter Zeitung zu einem Trupp Waldarbeiter der Neuen Arbeit in Stuttgart Wangen Sie will über das Projekt Wandelwege berichten und über die Arbeiter die diese alten Pfade in den Schre bergärten wieder freilegen erhalten und pflegen Die Sonne scheint Nach dem langen kalten Februar ist es der dritte warme Tag in diesem Jahr Die fünf Arbeiter machen gerade Pause als wir ankommen Zwei Männer haben sich zu einem Interview bereit er klärt Nach den ersten belanglosen Fragen zum Projekt wird es persönlich Die beiden erzählen ihr Leben Einer der beiden Männer ist 60 Jahre alt und gelernter Forstwirt Nach Bandscheibenproblemen ist er arbeitslos geworden und arbeitet hier und heute als Ein Euro Jobber Er ist froh und glücklich dass er hier arbeiten darf Zu Hause wür de ihm die Decke auf den Kopf fallen Ich stehe jeden Morgen um fünf Uhr auf Ich mache meine 32 Stunden und ich bin glücklich sagt er Den Ein Euro Job hat er noch bis Mai dann weiß er nicht wie es weiter gehen soll Öffentlich geförderte Beschäftigung wird kaum noch finanziert Ihm bleibt wahrscheinlich nur die Möglichkeit zu Hause zu bleiben und Hartz IV zu beziehen obwohl er gern arbeiten würde Der andere Mann ist erst 40 Jahre alt Er erzählt dass er als gelernter Metzger über 17 Jahre als Kopfschlächter in einer Großschlachterei gearbeitet hat Danach waren sei ne Handgelenke kaputt vom Ausbeinen im Akkord Zu dem hatte er einen schweren Arbeitsunfall Ein Stich mit dem Messer in den Bauch Zweimal mussten sie mich im Krankenhaus zurückholen ich wäre fast darüber draufge gangen sagt er Nun hofft er über eine Anstellung bei der Zeitarbeitsfirma der Neuen Arbeit auf einen Einstieg in reguläre Arbeit Die Wörter Kopfschlächter und Handgelenke vom Ausbeinen im Akkord klingen in mir nach und machen mich schaudern Am nächsten Morgen berichte ich Gabriele Krebs der Chefin der Gartenbauabteilung der Neuen Arbeit von meiner Begegnung mit den beiden Männern Ich berichte von Dirk M dem Metzger und Kopfschlächter Es geht eine merkwürdige Brutalität von diesem Wort aus Da muss ich mich erst mal setzen so was kann ich gar nicht haben sagt Krebs 17 Jahre Kopfschlächter im Akkord Was Menschen so mitmachen und aushalten müssen Was macht das wohl mit einem Menschen der 17 Jahre am Fließband töten muss Der Dirk ist doch so ein lieber Kerl sagt Krebs und dann In dem Dorf in dem ich lebe da lernen einige der Hauptschüler mit schlechtem Schulabschluss Metzger Doch die meisten halten das nicht ein Leben lang durch die machen dann noch ein paar Hausschlachtungen mehr nicht Sie wisse von einem Schlachthof in der Nähe ihres Dorfes dass dort Rumänen für vier Euro auf die Stunde arbeiten Der Markt fordert billiges Fleisch und produziert damit


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